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Die Bedeutung des biologischen Landbaus für den Naturschutz aus ökosystemtheoretischer Sicht von Prof. Dr. Ludwig Maurer

29-05-2020

Die terrestrischen Ökosysteme können in zwei Gruppen gegliedert werden:
Naturlandschaften
Kulturlandschaften

Naturlandschaften sind solche, bei denen die Sukzession ohne aktiven anthropogenen Einfluss stattfinden kann, also dynamische Systeme deren Dynamik durch endogene Faktoren wie die in den Organismen enthaltene genetische Information und exogene Standortfaktoren wie Klima bestimmt wird.

Die Vernetzung zeichnet sich durch das Prinzip der Homöostasie aus, also dem Bestreben energetische Gleichgewichtszustände einzuhalten mit dem Effekt negentropischer Ordnungsmuster.
Ein dabei auftretender längerfristiger Gleichgewichtszustand wird durch die jeweils vorhandene Artenvielfalt und Populationsdichte definiert und wird als Klimaxstadium bezeichnet.
Durch Mutationen, Kreuzungen und Selektion und Änderungen der exogenen Faktoren sind auch Klimaxstadien im Hinblick auf geologische Zeiträume nicht stabil, sondern bauen aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen neue Ordnungsmuster auf.
Die Abläufe in Naturlandschaften beeinflussen im Sinne einer Wechselwirkung die exogenen Faktoren (z.B. Klima) Naturschutz für Naturlandschaften bedeutet daher, die eigendynamische Entwicklung dieser Ökosysteme ungestört ablaufen zu lassen.
Menschen haben in solchen Systemen die Rolle von Beobachtern, außer sie würden als Jäger und Sammler in die Nahrungskette eingebettet sein.
Kulturlandschaften sind vom Menschen aus der Naturlandschaft entwickelte und gestaltete Lebensräume, deren Erscheinungsbild und Funktionalität von der Art und Intensität der Nutzung abhängig ist.
Die Nutzungsstrategien können sich dabei an den Systemabläufen in Naturlandschaften orientieren oder auch stark von diesen abweichen, bei allen Nutzungsstrategien ist jedoch im Gegensatz zu Naturlandschaften Arbeitsleistung notwendig, um das jeweilige Nutzungssystem zu erhalten.

Umso mehr Gesetzmäßigkeiten von Naturlandschaften als Nutzungsstrategie Anwendung finden desto mehr ist die Bezeichnung „ökologisch orientiert“ zulässig.
Im Bereich der Landwirtschaft ist der biologische Landbau eine ökologisch orientierte Nutzungsstrategie zwecks Herstellung von Nahrungsmitteln und biogenen Rohstoffen.

Dies deswegen weil:

  • Kreislaufführung von Stoffen (Anwendung von organischem Dünger - tierischer Mist und Kompost)
  • Aufbau einer unter Produktionsbedingungen möglichen Artenvielfalt zwecks Einschränkung der Anwendung von Bioziden (Landschaftsgestaltung als Beitrag zur Optimierung des Mikroklimas und als Rückzugsraum für Fauna und Flora, vielfältige und standortgerechte Fruchtfolge mit geeigneten Züchtungen)
  • Einsatz von ökosytemaren Regulationsmechanismen (Räuber-Beute, Konkurrenz) für die Schädlings –und Beikrautregulierung
  • Produktionsflächenbezogene Begrenzung des Ausmaßes der Nutztierhaltung
  • Überwiegende Verwendung von Futtermitteln aus dieser Produktionsfläche (Kreislaufführung von Stoffen)

 

 

Durch diese Maßnahmen gewährt der biologische Landbau die Etablierung einer unter Produktionsbedingungen möglichst hohen Artenvielfalt sowohl in der Landschaft wie auch im Boden, wenn auch bei biologischer Bewirtschaftung durch Arbeitsleistung die Sukzession verhindert werden muss.
Dies ist der Beitrag des biologischen Landbaus zum „Naturschutz“ in landwirtschaftlich genutzten Kulturlandschaften.
Unbeschadet dessen, dass aus ökosystemtheoretischer Sicht der Begriff Naturschutz durch die Begriffe „quantitative Naturlandschaftserhaltung (Systemschutz)“ und „ökologisch orientierte Kulturlandschaftsgestaltung ( Arbeitsmethoden)“ ersetzt werden sollte , wird er hier als Arbeitstitel beibehalten, obwohl der Begriff Natur, außer vielleicht als Sammelbegriff für nicht verbautes Gebiet im allgemeinen Sprachgebrauch, in keiner Weise definiert ist.
Daneben ist oft auch der Begriff Schutz irreführend, insbesonders wenn es um den Schutz von einzelnen Tier- oder Pflanzenarten geht: Wenn in Naturlandschaften nicht ein Systemschutz und in Kulturlandschaften nicht eine ökologisch orientierte Nutzung erfolgt, wird der Schutz von einzelnen Tier- und Pflanzenarten wenig zielführend sein.
Biologisch bewirtschaftete Kulturlandschaftsflächen sind die ideale Übergangszone von Naturlandschaften (z.B. Kernzonen von Nationalparks) zu solchen Kulturlandschaften, die nur noch wenige Elemente von Naturlandschaften enthalten (dicht verbaute Landschaftsteile, Industriegebiete, Verkehrsträger usw.).
Dies ist der Beitrag des biologischen Landbaus zum „Naturschutz“ für Naturlandschaften im Sinne der Minimierung des Einflusses (exogene Faktoren) von Kulturlandschaften auf Naturlandschaften.
Daneben hat der biologische Landbau auch Benefits bezüglich Umweltschutz (auch hier aus systematischer Sicht ein besserer Begriff “ Vermeidung der Biosphärenintoxikation“) -Grundwasserreinhaltung, Bodenschutz, Klimaschutz -durch Ersatz von Bioziden und leicht wasserlöslichem N-Dünger durch produktionstechnische Maßnahmen und Einhaltung von produktionsflächenbezogenen Obergrenzen bei der Tierhaltung.

Unbestritten ist die Erhaltung von Naturlandschaften weltweit heute eine Notwendigkeit auch in Bezug auf die hier beschriebenen Wechselwirkungen mit Kulturlandschaften.
Systemerhaltung von Naturlandschaften sowie für die ökologisch orientierte Nutzung und Gestaltung von Kulturlandschaften.

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